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Das Argument der starken Blutung

Ich ging damals mit einiger Naivität zum Frauenarzt; eigentlich nur, weil ich für mein Empfinden starke Akne hatte. Der Frauenarzt hat mich sofort zurechtgewiesen, denn die Pille sei schließlich kein Antipickelmittel! Dann fiel mir das Argument der starken Blutung ein – et voilà: Der Arzt war ganz auf meiner Seite und verschrieb mir die Pille. Er erklärte mir kurz, wann ich sie zum ersten Mal nehmen müsse und gab mir gleich einen Extrablister mit, als Aufmerksamkeit des Hauses. Damals war ich fünfzehn, überhaupt nicht informiert und nach dem Besuch auch etwas überfordert.

Meine Mutter fand die Idee super, hatte sie doch Bedenken, dass ich schwanger werden könnte. Ich habe mich gefreut, denn endlich gehörte ich zu den erwachsenen Frauen, die ja schließlich alle die Pille nehmen. Ich war eine der ersten in meiner Klasse und das war irgendwie auch eine kleine Sensation. Ich selbst hatte hohe Erwartungen an die Pille, vor allem bezüglich der Akne, mit der Blutungsstärke hatte ich mich im Laufe der Zeit irgendwie arrangiert. In wenigen Wochen würde ich aknefrei sein, obendrein konnte ich die Pille durchnehmen und müsste nie wieder eine Blutung haben!

Erste Bedenken kamen mir schon nach wenigen Tagen, ich fühlte mich irgendwie schwammig und dumpf, mein Körpergefühl veränderte sich rapide ins Negative. Teilweise vergaß ich die Pille und hatte Angst, dass das schlimme Nebenwirkungen zur Folge haben könnte.

Nebenwirkungen hatte ich einige, manche wurden mir allerdings erst nach dem Absetzen so richtig bewusst. Über die Jahre bekam ich an den ersten beiden Tagen der Menstruation immer stärkere Kopfschmerzen. Meine Haut wurde anfangs etwas besser, nur um dann viel unreiner zu werden. Ich sah zwar nicht mehr wie eine Aknegeplagte aus, allerdings war meine Haut plötzlich immer sehr fettig und unrein, sie hat sich fast schon krank angefühlt.

Ich verlor nach und nach komplett die Verbindung zu meinem Körper. Mein inneres Bewusstsein ging mir verloren. Meine Stimmung war die meiste Zeit auf einem Tiefpunkt und ich war extrem müde. Vor allem kurz vor dem Absetzen hatte ich Zeiten, da schlief ich sechzehn Stunden am Tag und war immer noch total erschöpft. Nach ein bis zwei Jahren bekam ich zudem immer öfter stechende Schmerzen in den Waden, die Ursache war unbekannt. Doch die schlimmste Nebenwirkung der Pille war für mich die starke Gewichtszunahme. Trotz unverändertem Essverhalten nahm ich gleich zu Beginn der Einnahme zehn Kilo zu, die nicht mehr runter wollten. Später noch einmal fünf bis sieben Kilo, was letztlich den Weg in eine Essstörung ebnete.

Der Grund, warum ich die Pille dann absetzte, war folgender: Von 21 Pillen im Blister hatte ich nach 21 Tagen immer noch mindestens sieben übrig. Ich nahm sie manchmal nur alle drei Tage, vergaß sie ständig, ich wollte sie gar nicht mehr nehmen. Irgendetwas in mir sträubte sich dagegen. Wenn ich sie schlucken wollte, überkam mich der Ekel. Ich kann mich noch an einen Moment erinnern, da bin ich fast an der Pille erstickt – ja, klingt unglaublich, aber das Ding hing mir im Rachen und wollte nicht runter rutschen! Nachdem ich dann diverse Horrorstories über Thrombosen während der Pilleneinnahme gehört hatte und diese mit den stechenden Schmerzen in meinen Waden in Verbindung brachte, war für mich klar: Das Zeug nehme ich nie wieder!

Meine Freundin, der ich davon erzählte, fand die Idee so toll, dass sie nur einen Monat später ebenfalls die Pille absetzte. Ansonsten erzählte ich es nur meiner Mutter, die natürlich wieder Angst bekam, ich könne schwanger werden. Einen festen Partner hatte ich zu der Zeit nicht.

Der erste Monat nach Absetzen der Pille war unglaublich. Ich bekam das Gefühl für meinem Körper zurück; dieser schwammige, dumpfe Dauerzustand war weg, meine Laune hob ab wie eine Rakete und meine Libido brachte mich fast zum explodieren! Ich fühlte mich im ersten Monat förmlich triebgesteuert und kam noch gar nicht so richtig damit klar. Im zweiten Monat wurde es allerdings von Tag zu Tag besser. Ich war überrascht, dass ich direkt wieder fünf Kilo zunahm; das war ein herber Schlag, nachdem ich die Essstörung endlich im Griff hatte. Mittlerweile nehme ich aber ab, auf gesunde Weise, und es klappt total leicht. Unter der Pille war das Abnehmen die reinste Qual, weil es überhaupt nicht voran ging. Meine Abbruchblutungen waren zeitweise so schwach, dass ich sie kaum wahrnahm. Da war ich wirklich schockiert, als ich meine Menstruation direkt nach dem ersten Zyklus wieder in der Stärke wie vor der Pille bekam.

An der Pille vermisse ich eigentlich nur diese schwachen Blutungen und den Komfort, die Blutung dann kommen zu lassen, wann es mir gerade passt. Das ist jetzt leider nicht mehr möglich.

Ich habe keinen festen Partner; die Sexualpartner, die ich seit Absetzen der Pille hatte, reagierten durchweg positiv auf meine neue Verhütungsmethode. Mein Körpergeruch scheint auf Männer magisch anziehend zu wirken, seit die natürlichen Hormone wieder ihren Job erledigen und auch das Sexualleben ist ein ganz anderes. Die Pille unterdrückt leider die komplette Sexualität und das körperliche Empfinden nimmt stark ab, was natürlich auch Partner spüren und miterleben. Ich bekomme nur noch positive Rückmeldungen, seit ich die Pille nicht mehr nehme.

Meinem früheren Ich hätte ich geraten, die Pille gar nicht erst zu nehmen. Mit dem Wissen, das ich heute habe, hätte ich die Pille niemals in Erwägung gezogen. Schon gar nicht, da es ja die Möglichkeit gibt, auch ohne Hormone sicher zu verhüten. Meine Zukunftstochter würde ich selbst entscheiden lassen, ich würde mir allerdings wünschen, dass sie nicht stumpf auf die Pille vertraut und zumindest in der Anfangszeit NFP anwendet, um sich, ihren Zyklus und ihren Körper besser kennen zu lernen.

Wenn mich heute jemand fragt, warum ich hormonfrei verhüte, antworte ich, dass es für mich wesentlich sicherer als die Pille ist, keine Nebenwirkungen hat und dass Körper und Psyche nicht dem Einfluss der Pille ausgesetzt sin. Ich lerne jeden Tag neue Dinge über meinen Körper und es ist faszinierend zu beobachten, was im Verlauf des Zyklus so geschieht.