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Den Trend verpasst

Als Teenie stellte sich mir nie die Pillenfrage. Ich habe es bei meiner Mutter erlebt. Sie verhütete jahrzehntelang mit der Pille und wurde mehrmals ungeplant schwanger. Laut Arzt vertrugen sich bestimmte Medikamente nicht miteinander. Das war für mich der Grund, Hormonen nicht zu trauen und nach einer Verhütungsmethode zu suchen, die ich sehen und begreifen kann.

Hinzu kam, dass ich mir Gedanken um die unerwünschten Wirkungen der Pille machte. Man sollte kein Medikament dauerhaft einnehmen, weil es dem Körper schadet, es sei denn, man ist chronisch krank. Warum gilt das nicht für die Pille? Wie sind die Auswirkungen bei jahrelangem Gebrauch? Das war mir viel zu wenig dokumentiert. Mir stellte sich die Frage: Wie gut kann es einem Körper bekommen, jahrelang eine Schwangerschaft vorgegaukelt zu bekommen? Geht es noch unnatürlicher?

Als Teenie und junge Erwachsene blieb als Alternative nur das Kondom. Internet war noch nicht so verbreitet und eigene Recherchen unmöglich. Man wurde, wenn man fragte, ohnehin zur Pille gedrängt. Weil die ja sooo sicher und praktisch ist – das waren die Antworten. Richtige Argumente dafür oder dagegen wurden nie aufgeführt. Es war eben die einfachste Standard-Antwort.

Ich erlebte diese Zeit als sehr unentspannt, bestanden doch immer auch Zweifel am Kondom, geschürt durch Horrorgeschichten, dass es reißt, zu groß ist, und so weiter. Ich bin aber auch von meiner Art her eher unsicher, verhüte gerne mit zwei zueinander passenden Methoden, da ich keinerlei Risiken eingehen will. Zum Nachfragen war ich nie der Typ, Frauenärzte kenne ich bis heute nicht. Aber die hätten wohl auch nur zu Hormonen geraten. Meine Eltern kamen für solche Themen ebenfalls nie infrage. Wir reden bis heute nicht darüber. Aufklärung wurde bei uns noch in der Schule betrieben. Zuhause nachfragen war peinlich und man unterließ es.

Im Freundeskreis gab es jedenfalls zu meiner Teeniezeit einen totalen Hype um die Pille, alle waren stolz darauf, sie zu nehmen. Auch ohne jemals einen Freund gehabt zu haben. Es diente wohl eher dem Image, wie Nike-Schuhe. Mir erschloss sich das nie so ganz. Aber trendy war es wohl zu meiner Teeniezeit. Doch ich verpasste ohnehin die meisten Trends und es machte mir nichts aus.

Durch die Hilfe von ProFamilia wurde ich dann irgendwann auf das Lea Contraceptivum aufmerksam. ProFamilia war so ziemlich die einzige Anlaufstelle damals, die über hormonfreie Alternativen wertfrei informierte. Durch eigene Recherchen im Internet, das gab es dann schon, bin ich irgendwann auch auf Seiten gestoßen, die sich mit NFP befassten. In normalen Foren war ein Austausch über hormonfreie Verhütung unmöglich und endete immer nur in Beschimpfungen. So meldete ich mich dann in diversen hormonfreien Foren an und wurde letztlich auch ermutigt, NFP mal auszuprobieren. Heute bin ich dafür sehr dankbar.

Anfangs wirkte die symptothermale Methode recht umständlich und verkrampft. Ich lernte aber schnell den Wert schätzen: zu wissen, wann die Tage einsetzen, wann der Eisprung einsetzt und wir besonders gut bei der Verhütung aufpassen müssen; und einfach das Erkennen der Symptome des Körpers. Gerade diese nimmt man viel weniger wahr, wenn man nicht auf sie angewiesen ist. Und es ist so schön zu wissen, dass der eigene Körper richtig funktioniert und auch wie er funktioniert. Es war dadurch dann alles sehr interessant, nicht lästig.

Die Kosten waren überschaubar. Thermometer und Zyklusblätter und zusätzlich eben das gewählte Verhütungsmittel. Teurer als Hormone ist das sicher nicht. Leider haben viele Apotheken von alternativen Verhütungsmethoden keinen Plan und Gels, die Spermien abtöten, müssen fast immer bestellt werden. Leider sind manche Gels auch nur noch auf Rezept zu haben. Dabei spielt dann zum Beispiel mein Hausarzt nicht mehr mit. Für Privatrezepte verlangt er eine ganze Stange Geld; teurer letztlich als das Gel selbst.

Mein Freund war anfangs nicht so begeistert. Er wollte zwar die Pille, hat aber nie darauf bestanden und sich kampflos in meine Art der Verhütung ergeben. Auskennen tut er sich bis heute nicht. Richtig verstanden hat er es sicher auch nicht. Jedoch fragt er immer nach, wie an diesem Tag aktuell verhütet werden muss. Das reicht ihm als Info. Da er keine Kondome mag, haben wir uns auf Coitus interruptus und das Lea geeinigt. So kam ich ihm mit seiner Kondomabneigung entgegen und er mir, was das hormonfreie Leben betrifft. Damit sind wir sehr gut gefahren und ich bin auch nach einigen Jahren nicht schwanger geworden. Ein Zeichen dafür, dass es funktioniert.

Der einzige Nachteil ist der leichte Stress mit den Einsetzzeiten des Leas. Wie lange muss das Lea im Körper bleiben? Wann spritzt man Gel vor dem zweiten Sex nach? Wann reinigt man das Lea? Das ist etwas stressig. Man muss sich eben die Zeiten merken und eventuell den Wecker stellen, damit das Lea lange genug in der Scheide bleibt um die Verhütung zu gewährleisten, aber eben auch früh genug zur Reinigung wieder entfernt wird. Würde ich meinen Aufzeichnungen bei NFP mehr vertrauen und auch mal freigeben, dann wäre das sicher einfacher. Aber ich verhüte konsequent mit dem Lea und in der fruchtbaren Zeit zusätzlich mit Coitus interruptus.

Ich selbst achte sehr auf Bio-Qualität, auf vegetarische oder vegane Küche und Fairtrade und bin der Homöopathie gegenüber sehr offen. Wenn ich Kinder hätte, würde ich Wert darauf legen, dass sie auch damit aufwachsen und wissen, welche Alternativen es gibt, welche Vorteile sie bergen – und somit direkt die Gefahr verringern, dass eines meiner Kinder auf Hormone hereinfällt. Einer Tochter würde ich bis achtzehn die Pille auf alle Fälle verbieten. Sie dürfte sich auch danach von mir nicht mit einem solchen Medikament erwischen lassen. Gleiches gilt auch für einen Sohn, der seine Freundin aus Bequemlichkeit zur Pille überredet.

Im Bekanntenkreis kamen wir anfangs mal auf dieses Thema. Endete immer nur mit Kopfschütteln seitens der Bekannten. Ich erzählte dann einfach nichts mehr; hatte nicht diese Kraft, dafür zu kämpfen, sah den Sinn nicht. Heute kommen Gespräche manchmal auf. Ich erwähne dann nur noch, dass es durchaus gute Alternativen zu Hormonen gibt. Wer Interesse hat, kann nachfragen. Wer nicht, soll es lassen. Ich informiere gerne über die Tatsachen, die mir bekannt sind, überreden will ich keinen. Das muss schließlich jeder für sich wissen. Und mit Überreden ist niemandem geholfen. Tipps oder Infos gebe ich natürlich jederzeit weiter.

Schade war immer, dass im Freundeskreis kein Austausch bei Fragen möglich war. Ob ich einen Temperaturwert ausklammern soll, der Wert gestört ist und so weiter, darüber weiß keiner was. Die typischen Pillenfragen wegen Erbrechen und dergleichen werden jedoch ausführlich breitgetreten. In der Familie würde ich niemals über unsere Verhütungsmethode sprechen, da dort nur Pillenfreunde sind und sie mich dann wohl am liebsten einweisen lassen würden. Dort habe ich zum Teil schon sehr den Ruf, öko zu sein.

Aus heutiger Sicht kann ich die hormonfreie Verhütung nur jedem empfehlen. Die meisten mögen denken, dass es aufwendiger ist, als täglich ein Pillchen einzuschmeißen, doch dem ist nicht so. Ob ich täglich an drei Minuten messen denke oder an die Pille, zeitlich ändert das wenig. Und Barrieremethoden verwendet man ja nur bei Bedarf und wer sie regelmäßig anwendet, vergisst sie nicht! Auf lange Sicht lohnt es sich, ohne Hormone zu leben, einen natürlich funktionierenden Körper zu haben und nicht alles bis hin zur Abbruchblutung auf die Minute hin zu timen.

Heute bin ich froh, dem Druck damals standgehalten zu haben, meinen eigenen Kopf durchgesetzt zu haben und bisher fünfzehn Jahre lang hormonfrei verhütet zu haben. Ich würde an dieser Entscheidung nichts ändern wollen. Höchstens noch sicherer im Umgang mit NFP werden wollen. Um dann auch irgendwann mal freigeben zu können.