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Die Suche nach Antworten

Wie vermutlich bei den meisten jungen Frauen beginnt auch meine Pillengeschichte mit meiner ersten richtigen Beziehung. Ich war siebzehn Jahre jung als ich meinen damaligen Freund kennenlernte und schon nach einiger Zeit war klar, dass die Frage nach der Verhütung geklärt werden musste. Natürlich stand auch bei mir das meist verwendete Verhütungsmittel, das mit dem besten Pearl-Index, ganz oben auf der Liste – was sollte daran auch verkehrt sein, letztendlich gibt es ja kaum jemanden, der die Pille nicht nimmt.

Seit ich mit zwölf meine Periode zum ersten Mal bekommen hatte, hatte ich einen sehr regelmäßigen Zyklus. Meist stimmte er auf den Tag genau, doch leider plagten mich häufig schlimme Unterleibsschmerzen. Als ich also zu meiner Gynäkologin kam und sie mir eine Pille verschrieb – eine Pille der vierten Generation, besonders niedrig dosiert – war ich begeistert, dass diese Pille mir meine Schmerzen nehmen sollte. Und die bessere Haut. Und die Haare. Und keine Gewichtszunahme. Schon kurz nach dem Termin begann ein neuer Zyklus und ich konnte mit der Einnahme beginnen.

In den ersten Monaten fiel mir immer mehr auf, dass ich während der Einnahmepause unter starken Stimmungsschwankungen litt. Ich sprach mit meiner Ärztin darüber und sie riet mir, die Pille einfach im Langzeitzyklus (LZZ) zu nehmen – schließlich benötige man diese Abbruchblutung eigentlich nicht und vielleicht würde der konstantere Hormonspiegel dazu führen, dass ich die Stimmungsschwankungen wenigstens nur alle drei Monate hätte. Sie erklärte, dass die verhütende Wirkung so noch gesteigert werden könne – ich war natürlich begeistert von dieser Idee, besonders davon, dass ich dann tatsächlich auch drei Monate lang keine Blutung haben würde.

Die Rechnung ging nicht ganz auf, denn direkt in meinem ersten LZZ hatte ich drei Wochen lang Zwischenblutungen, gefolgt von ständigen Schmierblutungen. Ich war völlig verzweifelt – und irgendwann auch einfach entnervt davon, ständig einen halben Drogeriemarkt mit mir herum zu schleppen. Also ging ich wieder zur Ärztin. »Nun, vielleicht ist die Pille einfach zu niedrig dosiert, wir versuchen etwas Stärkeres.« Sie verschrieb mir ein gängiges Präparat der dritten Generation und empfahl mir, dennoch bei dem LZZ zu bleiben. Gesagt, getan – nachdem ich einen weiteren Monat mit Schmierblutungen zu kämpfen hatte, schien endlich alles gut zu funktionieren. Selbst in den Einnahmepausen bekam ich höchstens eine Schmierblutung, mein Gewicht blieb konstant. Die schöne Haut, die Haare. Alles wunderbar.

In den darauffolgenden Jahren wechselte zwar der Partner und auch der Name auf der Verpackung meiner Pille, doch ich nahm sie konstant und ohne Pause in meinem dreimonatigen LZZ. Mit 25 entschied ich mich, auch weil ich schon eine Weile keinen festen mehr Partner hatte und schon lange niemand mehr mein Interesse wecken konnte, die Pille abzusetzen und meinem Körper nach der langjährigen Medikamenteneinnahme mal ein wenig Erholung zu gönnen. Im Januar 2014 setzte ich die Pille also ab und wartete. Und wartete. Wartete. Nicht einmal eine Abbruchblutung. Gar nichts. Statt einer Blutung bekam ich starken Haarausfall und so schlechte Haut, wie ich sie nicht einmal in der Pubertät hatte. Ich nahm das noch alles recht locker – ich hatte die Pille lange genommen und der Körper ist schließlich kein Roboter. Ich las recht viel über Post-Pill Amenorrhoe, also das Ausbleiben der Blutung nach Absetzen der Pille. Daher wusste ich, dass so etwas nicht ungewöhnlich ist und auch, dass es bis zu einem Jahr dauern kann, bis es sich wieder einpendelt.

Als ich Ende Mai bei meiner Frauenärztin zur Vorsorgeuntersuchung war, vermutete sie sofort eine Hyperandrogenämie, einen Überschuss an männlichen Hormonen; schließlich hätte ich auch so dünnes Haar und so unreine Haut. Sie testete also meinen Hormonstatus und machte auch gleich einen Ultraschall – und siehe da, alles unauffällig. Sogar die Gebärmutterschleimhaut sei normal aufgebaut, die Eierstöcke seien auch okay. Im Blutbild fiel mein TSH-Wert auf, also schickte sie mich zu meiner Hausärztin, um meine Schilddrüse einstellen zu lassen. Sollte das nichts helfen, müsste ich eben die Pille wieder nehmen. Auf meine Frage, was das für eine etwaige Familienplanung bedeuten würde, bekam ich nur die Antwort, da gäbe es dann eben auch Präparate um den Eisprung auszulösen.

Meine Hausärztin war völlig entsetzt über die Aussagen der Gynäkologin und wie sorglos sie meine Amenorrhoe behandelte, denn dahinter könne sich auch ein Hypophysentumor oder Ähnliches verbergen. Sollte sich durch das Einstellen der Schilddrüse keine Besserung zeigen, würde sie mich zu einem Neurologen überweisen.

In der Zwischenzeit hatte sich meine vermutlich schon kilometerhoch aufgebaute Gebärmutterschleimhaut nach sechs Monaten entschlossen, nun doch einmal abzubluten. Drei Wochen lang! Die stärkste Blutung, die ich jemals hatte. Aber immerhin schmerzfrei. Wieder einmal hatte ich den halben Drogeriemarkt in der Handtasche.

Mit dem Beginn dieser Blutung startete ich meinen ersten NFP-Versuch. Meine Periode kam in der Folgezeit mal nach drei Wochen, mal nach fünf Monaten, meist waren die Zyklen tendenziell zu lang. Aus meinen Messungen wurde ich einfach nicht schlau, die Werte waren immer niedrig, die Schwankungen gering – also hatte ich wohl gar keinen Eisprung? Mein Zervixschleim veränderte sich zwar, doch ich erkannte kein Muster. Die Schilddrüsenmedikamente änderten nichts, laut Bluttests waren meine Hormonwerte hervorragend, im Ultraschall war nichts Auffälliges zu sehen.

Das erste Jahr nach Absetzen der Pille war mittlerweile rum, doch ich sah noch immer keinerlei Veränderung – und begann mir Sorgen zu machen. Was, wenn die Pille über diese vielen Jahre meine Hormone derart zerschossen hatte, dass ich nun keinerlei Eisprünge mehr hätte? Schließlich hatte ich mit der Einnahme schon begonnen, als mein Körper noch nicht einmal voll entwickelt war.

Zwar konnte ich keine Eisprünge erkennen, doch ich stellte in dieser Zeit etwas anderes, sehr Spannendes fest: Ich begann mich wieder für Männer zu interessieren. Ein attraktiver Mann auf der Straße, sowas war mir jahrelang nicht mehr aufgefallen. Ich entwickelte auch tatsächlich wieder einen Sexdrive – ich war bis dahin davon ausgegangen, dass er bei mir schlicht nicht vorhanden wäre, weil ich gerade keinen Partner hatte. Langsam aber sicher kam meine Libido zurück – von der ich gar nicht wusste, dass sie verschwunden war. Und tatsächlich verliebte ich mich kurz darauf neu.

Die ganze Situation verwirrte mich, also holte ich eine Zweitmeinung bei einem anderen Arzt ein. Dieser meinte, vielleicht sei mein Körper nun einfach in einem anderen Rhythmus, das könne schon mal passieren. Ich könne entweder die Pille nehmen oder es lassen, das wäre reine Kosmetik, meine Hormonwerte seien ja okay. Mit einer Schwangerschaft würde es bei mir auf natürlichem Wege allerdings nichts werden; sollte ich also irgendwann einen Kinderwunsch haben, würde er mich gleich in die Kinderwunschklinik überweisen. Er beriet mich auch bezüglich weiterer Verhütungsmittel. Mit meinem neuen Partner war das ja auch wieder ein Thema und Kondome waren nicht unbedingt mein Mittel der Wahl. Trotz meiner Geschichte und obwohl ich keine Hormone mehr nehmen wollte, empfahl der Arzt mir die Spirale Mirena. Da sie nur lokal wirke, käme irgendwann auch wieder eine Blutung.

Dass es mir nie um den tatsächlichen Rhythmus oder Zyklus ging, schien keiner begreifen zu wollen. Ich wollte wissen, weshalb mein Körper trotz physiologischer Unauffälligkeit nicht zu dem fähig war, wozu er gemacht ist. Und obwohl ich selbst studierte Wissenschaftlerin bin und mit mehr als nur Laienwissen in diese Gespräche ging, fühlte ich mich nicht ernstgenommen oder verstanden. Auf tatsächliche Unterhaltungen oder Diskussionen mit mir wollte man sich gar nicht einlassen.

Inzwischen war ich völlig verwirrt und tatsächlich auch einfach genervt. Wie konnte es sein, dass ich seit eineinhalb Jahren Antworten suchte und niemand wirklich eine Aussage darüber treffen konnte, was mit mir passierte? Darüber, was diese Hormonpräparate mit meinem Körper gemacht haben? Zum ersten Mal wünschte ich mir einfach eine normale Periode. Das, was mir einst so lästig war, was ich jahrelang mit Medikamenten unterdrückt hatte, war auf einmal unfassbar wichtig geworden für mich und meine Identität als Frau.

Ich ließ weitere Monate verstreichen und wagte einen Anlauf bei einem weiteren Arzt, um mich zur Kupferkette Gynefix beraten zu lassen. Zwar hatte ich scheinbar keinen Eisprung, doch das konnte sich ja irgendwann ändern. Und das tat es, schneller als ich dachte.

Während des Ultraschalls zum Ausmessen meiner Gebärmutter sagte der Arzt plötzlich etwas, ich bin beinahe vom Stuhl gesprungen: »Oh schauen Sie mal, hier ist ein ganz reifer Follikel, da sind Sie kurz vor Ihrem Eisprung!« Ich dachte, ich hätte mich verhört. Natürlich hatte ich schon länger keine Temperatur mehr gemessen und hatte deshalb den Überblick verloren. Zwei Wochen später bekam ich meine Periode und ich begann gespannt wieder zu messen. War das nur ein Versehen meines Körpers? Macht der das vielleicht echt noch einmal? Und ob! Mein Zyklus hat sich auf 26-29 Tage eingependelt, mit allem was dazu gehört: Mittelschmerz, Zervixschleim, PMS, nervige Blutungen und Unterleibskrämpfe. Die sind zum Glück nicht mehr so schlimm wie in meinen Teenagerjahren!

Ich war unendlich erleichtert. Es war, als hätte jemand nach beinahe zwei Jahren einfach einen Schalter umgelegt und meinen Zyklus in Gang gebracht. Und auch wenn ich die Verhütungsfrage für mich noch nicht vollständig geklärt habe, eins weiß ich ganz genau: Meinem wunderbaren und funktionierenden Körper, werde ich nie wieder ein Hormonpräparat antun.