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Eine grandiose Sache

Meine erste Pille bekam ich mit siebzehn Jahren verschrieben. Ich hatte meinen ersten festen Freund und ich wollte mehr als nur kuscheln. Logische Konsequenz: Eine Verhütung musste her und ich war sogar ganz zufrieden damit, denn von der täglichen Einnahme mal abgesehen, hatte ich dank der Pille endlich keine Probleme mehr mit meinem Zyklus. Er war endlich regelmäßig und auch die Regelschmerzen ließen sich jetzt ganz gut aushalten.

Die Nachteile der Pille habe ich dann schon mit neunzehn Jahren zu spüren bekommen, als ich mich in einem Zyklus übergeben hatte und einige Wochen später feststellte, dass ich schwanger war! Es lag an meinem Einnahmefehler und nicht am Präparat, keine Frage. Aber es war auch erstmal eine große Katastrophe für mich.

Mein Sohn kam im Oktober 2001 zur Welt. Bei der Nachsorgeuntersuchung wollte mir mein damaliger Frauenarzt die Pille noch nicht wieder verschreiben, weil ich noch stillte und riet mir stattdessen zur Dreimonatsspritze. Sie war günstig, ich fand die Idee toll, nicht mehr so oft an Verhütung denken zu müssen und dass ich davon seltenere Abbruchblutungen haben würde, war eine grandiose Sache. Dachte ich.

Über die Nebenwirkungen hatte mich mein Arzt so gut wie gar nicht aufgeklärt. Was folgte, war die reinste Katastrophe: eine unglaubliche Gewichtszunahme von zwölf Kilo in zehn Monaten, eine handfeste Depression, Akne. Ich fragte meinen Frauenarzt, ob das mit der Spritze zusammenhängen könnte, das wurde natürlich verneint. Als meine Beziehung, auch wegen diesen Veränderungen, zerbrach, brauchte ich keine Verhütung mehr, also ließ ich mich nicht weiter spritzen. Und wartete und wartete und wartete auf die nächste Menstruation. Ich wartete gut zwei Jahre.

Alles sollte sich ändern, als ich 2004 eine neue Beziehung einging. Ein Verhütungsmittel musste her. Noch verwöhnt von der Spritze, aber auch abgeschreckt von den Nebenwirkungen, ließ ich mich beim Frauenarzt, den ich mittlerweile gewechselt hatte, beraten. Er empfahl mir den NuvaRing. Niedrige Dosierung, nur einmal im Monat dran denken: Das klang perfekt. Doch auch dieses Mal wurde ich nicht über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt. Ich hatte damals noch keinen Internetanschluss und konnte mich nicht im Internet informieren. Sonst wäre vielleicht alles anders gekommen.

Der NuvaRing hatte fast noch schlimmere Nebenwirkungen als die Dreimonatsspritze, vor allem auf meine Psyche. Ich hatte üble Stimmungsschwankungen: In einem Moment war ich noch gut drauf, im nächsten zu Tode betrübt und dann plötzlich hochgradig aggressiv. Rückfragen beim Frauenarzt ergaben rein gar nichts: »Nein, das hat nichts mit dem Ring zu tun. Hier, Ihr neues Rezept!« Doch ich hatte genug. Ich setzte den Ring ab und entschied mich stattdessen für die Kupferspirale, die laut Frauenarzt optimal für mich geeignet sei. Inzwischen war ich 24 Jahre alt und hatte das Thema Verhütung so richtig satt. Auch die Spirale hat mir nicht gutgetan: starke Blutungen, ständige Zwischenblutungen, immer wieder Schmerzen – laut Frauenarzt alles völlig normal.

Die Beziehung zu meinem damaligen Partner ging in die Brüche, die Spirale blieb mir erhalten. Ich hatte höllische Schmerzen bei allem, was ich tat. Im folgenden Jahr, 2006, lernte ich meinen jetzigen Lebensgefährten kennen und wechselte nebenbei den Frauenarzt. Bei der Routineuntersuchung stellte sich heraus, dass ich Chlamydien hatte! Der Rat der neuen Frauenärztin: Raus mit der Spirale, die macht alles nur noch schlimmer. Sie war es auch, die später feststellte, dass diese Spirale viel zu groß für meine Gebärmutter war. Der alte Frauenarzt hatte trotz der Vermessung die falsche Größe eingesetzt. Ich kam erst viel später auf die Idee, ihn dafür anzuzeigen aber ich habe es dann doch nicht getan, denn wie hätte ich so etwas hinterher beweisen sollen? Und dann die Kosten für eine Verhandlung! Ich habe damals Arbeitslosengeld II bekommen. Das wäre einfach nicht drin gewesen.

Meine neue Frauenärztin erzählte mir in dieser Zeit zum ersten Mal von NFP. Damals kam es für mich nicht infrage, mir fehlte die Zeit, mich mit dem Thema zu beschäftigten, denn ich hatte endlich eine Ausbildung gefunden. Ich entschied mich für die Pille und kam damit irgendwie zurecht – wenn ich denn daran dachte, sie pünktlich einzunehmen. Denn das war für mich tatsächlich das größte Problem: täglich an die Pille zu denken. Oft saß ich im Unterricht und grübelte, ob ich sie denn nun genommen hatte oder nicht. Obwohl die Nebenwirkungen nicht so krass waren, veränderten sie mein Wesen enorm und auch dieses Mal wurde dadurch die Beziehung sehr belastet.

2011 wurde ich dann richtig krank. Mit Depressionen und Angststörungen kam ich in eine Klinik und bekam Medikamente. Die schlugen aber einfach nicht an. Die Dosierungen wurden hochgeschraubt, die Nebenwirkungen steigerten sich – doch Besserung war nicht in Sicht. Die Oberärztin unterstellte mir daraufhin, meine Erkrankung zu simulieren. Da ich zu dem Zeitpunkt auch noch arbeitslos war, war das wohl die einfachste Erklärung für die Ärztin. Die Behandlung in der Klinik wurde beendet und ich suchte mir eine externe Therapeutin. Und die verhalf mir schlussendlich zu meinem Schlüsselerlebnis.

Sie ließ mich kurzerhand sämtliche Medikamente absetzen. Sowohl die Antidepressiva als auch die Pille. Ich konnte förmlich zusehen, wie es mir immer besser ging. Mein Lebensgefährte und ich hatten lange keinen Sex mehr gehabt, durch meine Krankheit war meine Libido völlig tot! Von daher war Verhütung im Moment sowieso überflüssig. Meine Frauenärztin machte mich nochmal auf NFP aufmerksam und jetzt hatte ich auch die Zeit, mich damit zu befassen. Im April 2012 fing ich an, morgens meine Temperatur zu messen und bei myNFP einzutragen. Von Zyklus zu Zyklus wurde ich immer sicherer, fing zusätzlich noch an, regelmäßig Ovulationstests durchzuführen, da meine Zyklen wieder sehr unregelmäßig waren und ich so meine fruchtbare Zeit nur schwer eingrenzen konnte. Bald fühlte ich mich völlig gesund und nun erwachte bei meinem Partner und mir auch ein erneuter Kinderwunsch. Es dauerte länger, bis wir erfolgreich waren; ich vermute, dass die unregelmäßigen Zyklen noch Nachwirkungen der Pille waren. Im Dezember 2014 kam dann unsere Tochter gesund und munter zur Welt.

Durch die jahrelange Hormoneinnahme und die Antidepressiva habe ich schlussendlich ein Gewicht von knapp neunzig Kilo erreicht, die ich beim besten Willen nicht mehr loswerde. Ich ärgere mich im Nachhinein, dass ich nicht schon 2006, als meine Frauenärztin mir das erste Mal davon erzählte, mit NFP begonnen habe. Mir wäre wohl vieles erspart geblieben, wenn ich mir damals schon die Zeit genommen hätte, mich mit dem Thema näher zu befassen.