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Jetzt soll ich auch noch Betablocker nehmen?

Zum Glück habe ich die Pille nur zwei Jahre lang genommen, bevor ich sie wegen der schweren Nebenwirkungen abgesetzt habe. Ich hätte sie vermutlich viel länger geschluckt, hätte ich nicht eine Gynäkologin gefunden, die die Pille nicht als das einzige sichere Verhütungsmittel betrachtete. Seit 1994 verhüte ich nun erfolgreich mit NFP.

Die Pille wurde für mich erst spät Thema: Ich hatte mit dreizehn meine Tage bekommen, meine Menstruation war von der Menarche an gleichmäßig wie ein Uhrwerk und komplikationsfrei. Es gab also keine Veranlassung, beim Gynäkologen vorstellig zu werden. Da ich eine Spätentwicklerin war, beschäftigte mich das Thema Verhütung nicht. Meine Mutter gehörte zudem einer Generation an, die nicht offen über diese Themen sprach.

Als ich dann im Alter von Anfang zwanzig, in den frühen neunziger Jahren, wegen der Verhütungsfrage erstmalig einen Frauenarzt aufsuchte, verschrieb er mir umgehend die Pille, eine Minipille. Er erklärte mir nichts weiter dazu, nur, dass ich sie pünktlich nehmen müsse. Über Alternativen wurde nicht gesprochen. Ich selbst kannte als sichere Alternative in meinem Umfeld nur die Spirale, von der aber bei kinderlosen Frauen abgeraten wurde.

Ich weiß nicht mehr, wann die Nebenwirkungen bei mir einsetzten. Vor Nebenwirkungen, die man nun mal der Sicherheit wegen in Kauf nehmen müsse, hatten mich schon Freundinnen gewarnt. Man nahm für die absolute Sicherheit der Pille in Kauf, dass man zunahm, weniger Lust auf Sex hatte, eventuell Kopfschmerzen bekam. Dafür aber reinere Haut. Zumindest sagten das die Frauen, die schon als Teenager wegen Akne die Pille verschrieben bekommen hatten.

Nun, ich hatte normale Mischhaut. Unter der Pille bekam ich nun Trockenekzeme, vor allem an den Oberarmen. »Sie duschen zu häufig«, meinte die Hausärztin – »Und immer gut eincremen!«. Sie fragte nicht, ob ich die Pille nehme. Leider wiesen nicht nur meine Oberarme ein gestörtes Hautmilieu auf – Scheidenpilz (Candida albicans) wurde mein Dauerbegleiter. Meine Gynäkologin verschrieb mir immer neue Pilzmittel, auch hier hieß es: keine Intimlotionen, keine Seife, Wäsche auskochen! Mein Partner wurde mitbehandelt. Da der Pilz – wie auch die Pille – erst mit der sexuellen Aktivität Einzug gehalten hatte, sah ich als Ursache eher den Sex. Meine Ärztin konnte sich die dauernden Pilzerkrankungen nicht erklären. Ein anderer Arzt fragte nach meinem Sexualleben und meinte, ich würde mich wohl immer wieder bei Männern anstecken. Oder auf Toiletten. Mitte der Neunziger waren alternative Heilmethoden zur Bekämpfung von Candida en vogue, Candida im Darm wurde als Ursache für alle möglichen somatischen Störungen betrachtet. Ich suchte also einen Internisten auf, machte Darmsanierungen. Ich war inzwischen völlig verzweifelt, weil ich den Pilz in der Vagina trotz aller Behandlungsmethoden der Gynäkologin nicht loswurde.

Was ich inzwischen leider auch bekommen hatte: Bluthochdruck. Vor der Pille waren meine Blutdruckwerte bei 120/70, ich war leicht untergewichtig. Nun, da ich die Pille nahm, maß die Gynäkologin alle sechs Monate den Blutdruck – warum, wurde übrigens nicht erklärt. Auch nicht, warum ich als Pillenpatientin nicht einmal jährlich, sondern halbjährlich zur Untersuchung musste. Die Ärztin war jedenfalls besorgt: Blutdruck 160/110, und das konstant. »Woher kommt das?«, wollte ich wissen, »Ich hatte nie hohen Blutdruck, im Gegenteil.« Nun, sagte sie, dazu müsse sie mich an einen Kardiologen überweisen. Wenn es mit dem Blutdruck so weitergehe, müsse ich vermutlich Betablocker nehmen. »Betablocker?« – ich war entsetzt. Bluthochdruck hatte ich bisher mit Übergewicht, Alter und ungesunder Lebensweise in Verbindung gebracht. Nichts davon traf auf mich zu.

Zuhause las ich mir den Beipackzettel der Pille noch einmal gründlich durch. Beim nächsten Termin konfrontierte ich die Ärztin mit den Infos. Candida, die Trockenekzeme, der Bluthochdruck: Könne das von der Pille kommen? »Unwahrscheinlich!«, sagte sie, »Sie hatten den Bluthochdruck sicher schon vorher. Aber wir können andere Pillen probieren, um zu sehen, ob sich dann etwas ändert.« – »Andere Pillen?«, meinte ich. »Wenn die Pille bei mir alles aus dem Gleichgewicht gebracht hat, scheint mein Hormonhaushalt ja ohne Pille in Ordnung gewesen zu sein. Wieso sollten andere Pillen dann nicht auch alles durcheinander bringen? Gibt es keine Alternativen?« Sie zog eine Schublade auf, knallte ein Diaphragma auf den Tisch und meinte: »Das ist die Alternative. Unsicher, völlig unsicher. Aber wenn sie das unbedingt wollen, kann ich Ihnen auch nicht helfen.«

Ich war inzwischen völlig verzweifelt. Zudem wurde der Pilz immer schlimmer, die herkömmlichen Medikamenten halfen nicht mehr. Sex hatte ich inzwischen kaum noch, alles war wund, es war zu schmerzhaft.

Ich versuchte nun erstmalig, bei einer anderen Ärztin einen Termin zu machen. Das war damals gar nicht so einfach, weil man aufgrund der Verordnung der Krankenkassen nicht einfach mitten im Abrechnungsquartal eigenmächtig den Arzt wechseln durfte. Mir war alles egal und nach verschiedenen Versuchen einer Terminvereinbarung kam ich zu einer neuen, jungen Ärztin.

Sie untersuchte mich vorsichtig und sagte, so einen schlimmen Fall von Candidabefall habe sie bisher nur im Lehrbuch gesehen. Sie verschrieb mir eine andere Salbe, ein neues Präparat. Sie maß meinen Blutdruck und zeigte sich ebenfalls besorgt und sprach endlich die erlösenden Worte: »Es scheint, Sie vertragen die Pille nicht.« Ich fragte nach den Alternativen. Sie sagte mir, da ich schon unter der Minipille solche heftigen Reaktionen hätte, wäre es kaum sinnvoll, erst andere Pillen zu testen. Mein Zyklus sei immer sehr regelmäßig gewesen? Nun, dann könne ich eventuell NFP ausprobieren in Kombination mit mechanischer Verhütung; Kondome, Diaphragma und so weiter. NFP? Ich hatte noch nie davon gehört. Die Ärztin erklärte mir die Methode sehr genau, sie gab mir Kurvenblätter mit und sagte, sie würde diese Kurvenblätter mit mir gemeinsam auswerten und wir würden dann festlegen, wann ich erstmalig freigeben könne. Ich war so erleichtert!

Ich setzte die Pille umgehend ab. Und arbeitete mich in NFP ein. Kurz nach dem Absetzen verschwanden Bluthochdruck, Candida und Trockenekzeme aus meinem Leben. Dafür kehrte das Gefühl ein, meine eigene Herrin zu sein und nicht mehr abhängig von Präparaten; Präparaten zur Taktung meines Zyklus, der sich von allein wunderbar selbst regelt; Präparaten zur Verhütung, die ich seitdem gemeinsam mit meinem Partner übernehme; Präparaten zur Bekämpfung von gravierenden Nebenwirkungen, die ich ohne die Mittel gar nicht habe.