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Nachgefragt: Erfahrungen der Ärztin

In diesem Buch schildern Frauen ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit hormonellen Verhütungsmitteln und der symptothermalen Methode. Welche Erfahrungen können Sie aus Ärztesicht berichten? Welche Nebenwirkungen kommen in der Praxis häufig vor, welche Nebenwirkungen werden erst sehr spät erkannt? Und wie erleben andere Frauen den Wechsel zur symptothermalen Methode?

Dr. Wallwiener: Häufigere Nebenwirkungen sind Blutungsstörungen, Kopfschmerzen, ein trockenes oder auch permanent feuchtes Gefühl in der Scheide oder überempfindliche Brüste. Blutungsstörungen legen sich bei einigen Präparaten nach einer gewissen Zeit, auch ein Wechsel zu einer anderen Pille kann das Problem lösen. Permanente Kopfschmerzen sind häufig ein Grund, auf komplett andere Methoden der Kontrazeption umzusteigen. Und bei trockener Scheide (bei gestagenbetonter Pille) oder viel Ausfluss und/oder Brustempfindlichkeit (östrogenbetonte Pille) kann ein Wechsel der Pillenklasse helfen.

Die selteneren Nebenwirkungen sind auch logischerweise die, die erst sehr viel später mit der Pille in Zusammenhang gebracht werden. Häufig haben diese auch nicht offensichtlich was mit der Gynäkologie zu tun. Bei Libidostörungen, Völlegefühl, Übelkeit, Hautveränderungen, Müdigkeit oder depressiven Verstimmungen wird meist erst in eine ganz andere Richtung untersucht.

Frauen, die bereit sind, auf die symptothermale Methode umzusteigen, beschäftigen sich ab diesem Zeitpunkt viel mehr mit den Abläufen in ihrem Körper. Dadurch sind sich diese Frauen ihrer Fruchtbarkeit und damit auch ihrer Sexualität direkter bewusst. Das zählt bestimmt zu den Faktoren einer guten Lebensqualität! Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die ein oder andere durch dieses neue Selbstbewusstsein wie neugeboren fühlt.

In einigen Erfahrungsberichten hat der behandelnde Frauenarzt keinen Zusammenhang zwischen der Pille und den jeweiligen Nebenwirkungen hergestellt. Frauen haben teils regelrechte Ärzte-Marathons hinter sich und es scheint mehr Zufall, dass irgendwann ein Arzt anmerkt, dass die Pille der Auslöser der Beschwerden sein könnte. Warum wird der Zusammenhang nicht oder erst sehr spät hergestellt?

Dr. Wallwiener: Die Antwort auf diese Frage ist meine persönliche Meinung. Ich kann mir gut vorstellen, dass viele Frauenärzte bei der Frage nach einem Verhütungsmittel als erstes die Pille empfehlen. Wir als Ärzte haben es ein wenig so gelernt und sind es auch so gewohnt: Eine Patientin kommt mit einem Problem und erwartet dafür eine schnelle Lösung. Sehr oft ist die Lösung ein Rezept, ein Medikament. Damit haben wir das Problem dann in der wenigen Zeit, die wir pro Patientin zur Verfügung haben, gelöst und alle sind zufrieden. Das ist jetzt äußerst vereinfacht und übertrieben dargestellt, aber ein Fünkchen Wahrheit steckt schon darin.

Die Pille ist einfach zu verschreiben, die Patientin kommt regelmäßig für ein neues Rezept, die Wirkweise ist grandios zuverlässig und die Patientin mit ihrer Behandlung, und damit auch mit ihrem Arzt. Und dieser ist mit der Situation zufrieden. Das, denke ich, ist der erste wichtige Punkt in der Beantwortung dieser Frage: Die Pille ist einfach (zu verschreiben, anzuwenden) und wirkungsvoll.

Hinterher zuzugeben, dass dieses tolle Medikament nicht hält, was wir uns erhofft haben und von der Pharmaindustrie hören, ist nicht so leicht. Was man auch nicht vergessen darf, sind all die Frauen, die mit der Pille zufrieden sind und keinerlei unerwünschte Nebenwirkungen haben. Viele, viele Frauen wollen sich gar nicht näher mit ihrem Körper beschäftigen. Zervixschleim? Temperaturmessen? Gar noch rektal oder vaginal? Das ist für viele eine schwierige Vorstellung.

Pille einnehmen und all meine Verhütungsprobleme sind gelöst? Hört sich deutlich einfacher an.

Das Interesse an und das Befassen mit dem eigenen Körper verlangt Zeit und Offenheit gegenüber einer neuen Denkweise – leider nicht unbedingt etwas, das dem aktuellen Zeitgeist entspricht.