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Schlankmacher

Ich war achtzehn, als ich anfing die Pille zu nehmen. Spät, im Vergleich zu meinen Freundinnen. Obwohl ich bereits eine Weile einen Freund hatte, scheute ich mich vor der Pille, da es dann keine Ausrede mehr gab, um den ersten Sex vor sich herzuschieben. Letzteres tat ich tatsächlich vor allem aus Angst vor einer Schwangerschaft! Ich habe es damals so erlebt, dass die Aufklärung von uns jungen Mädchen vor allem darin bestand, uns immer wieder auf das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft hinzuweisen. In meinem Aufklärungsbuch wurde mehrmals betont, wie wichtig die Verhütung mit Pille und Kondom sei. Alternativen zur Pille, insbesondere natürliche Methoden, kamen sehr schlecht weg und wurden bei den unsicheren Verhütungsmitteln genannt.

Nun hatte ich sie, meine erste Pille – ein Kombinationspräparat mit 0,03 mg Ethinylestradiol und 3 mg Drospirenon. Der Arzt verschrieb mir diese Pille, nachdem ich ihm erzählte, dass ich Angst habe zuzunehmen. Diese Pille galt damals als Schlankmacher. Heute weiß ich, dass sie zu den Pillen mit besonders hoher Thrombosegefahr zählt, doch das erwähnte der Frauenarzt mit keinem Wort. Auch weitere Nebenwirkungen nicht.

Bereits wenige Tage nach dem Pillenstart setzte die Nebenwirkung ein, die mich von nun an jahrelang begleiten sollte: das Brustsymptom. Meine Brust schwoll um eine Körbchengröße an, meine Haut hielt dem nicht stand und riss ein. Nicht nur in meinen Brüsten, sondern auch im Rest meines Körpers sammelte sich Wasser an: Ich bekam Ödeme in den Fingern, den Füßen und sogar im Gesicht. Selbst meine Lider waren geschwollen! Bereits einen Monat nach der Erstverschreibung saß ich wieder beim Frauenarzt, mit meinen schweren Brüsten und meinen Ödemen. Nein, das könne nicht von der Pille kommen, diese sei doch schlankmachend! Ich sollte drei Monate abwarten. Ich traute mich damals nicht, dem Arzt zu widersprechen, obwohl ich mich schrecklich fühlte.

Wie nicht anders zu erwarten: Es änderte sich nichts – also ging ich nach drei Monaten wieder zum Frauenarzt. Er betonte erneut, dass die Pille als Auslöser sehr unwahrscheinlich sei. Trotzdem bekam ich ein Rezept für eine andere Pille: 0,02 mg Ethinylestradiol und 100 mg Levenorgestrel. Meine Brust schwoll zügig ab, doch die Risse und die Schmerzen blieben. Die Ödeme schwemmte ich aus und war wieder bei meinem Ausgangsgewicht. Ich fühlte mich wohl und war froh, eine tolle Pille gefunden zu haben.

Die Nebenwirkungen kamen schleichend. Kopfschmerzen; zunächst alle paar Tage, dann immer öfter. Und noch schleichender kam die Traurigkeit, es ging mir immer schlechter. Also bekam ich, sieben Monate nach dem Start, mein nächstes Präparat vom Arzt verschrieben, der weiterhin betonte, das könne alles nicht von der Pille kommen. Der NuvaRing rutschte mir immer wieder heraus, deshalb behielt ich ihn nur drei Wochen. Darauf folgte die Pille, die mich die nächsten acht Jahre begleiten sollte: 0,02 mg Ethinylestradiol und 0,15 mg Desogestrel. Ebenfalls eine Pille mit erhöhtem Thromboserisiko – auch hier wurde ich nie darauf hingewiesen.

Die Brustschmerzen blieben, doch damit hatte ich mich abgefunden, denn ich wollte doch sicher verhüten! Und das, so dachte ich mir, war eben der Preis. Erst im Nachhinein weiß ich, wieviel höher der Preis war – doch hinterher ist man bekanntlich immer schlauer. Die Jahre mit der Pille vergingen, die Nebenwirkungen bemerkte ich nicht mehr, da sie so langsam kamen. Hier eine Blasenentzündung, da eine Kopfschmerztablette jede Woche. Ich schob es auf den Stress, den ich in meiner Ausbildung hatte. Und meine schmerzenden Brüste? Die gehörten wohl zu mir. Denn meine neue Frauenärztin nach einem Umzug meinte, das würde vermutlich bei mir auch ohne Pille so sein, bei manchen Frauen wäre das eben so.

Erst mein neuer Freund, der selbst medizinisch gebildet ist, machte mich darauf aufmerksam, dass einmal die Woche Kopfschmerzen so normal gar nicht seien. Sein Onkel, Frauenarzt im Ruhestand, bestätigte, dass alle meine Symptome sehr wahrscheinlich auf die Pille zurückzuführen seien. Er riet mir zur Spirale, doch die lehnte ich ab – ich hatte Angst vor einem Fremdkörper und wollte ja sicher verhüten; und das geht doch nur mit Hormonen!

Ich bekam erneut den NuvaRing, den ich nun besser einsetzen konnte. Er begleitete mich ein weiteres Jahr; die Kopfschmerzen kamen noch häufiger, die Brustschmerzen und die Blasenentzündungen wurden dagegen weniger. Dafür wurde ich immer launiger. Im Sommer 2014, über neun Jahre nach meiner ersten Pilleneinnahme, bestand mein neuer Freund darauf, dass es so nicht weitergehen könne. Ich weigerte mich zunächst, begann aber zu recherchieren. Auf NFP war ich bereits zuvor mehrfach gestoßen, hatte gelesen es sei so sicher wie die Pille, was ich als etwas albern abtat. Nichts war doch so sicher wie die Pille. Ich glaubte nicht daran, dass NFP funktionieren könnte, da jeder Frauenarzt sofort einen gefühlten Herzinfarkt bekam, wenn man es erwähnte.

Ich bestellte das Buch Natürlich und Sicher trotzdem. Und verschlang es! Es folgte das wissenschaftlichere Buch NFP Heute und ich war überzeugt: Das muss doch funktionieren! Dazu kam sicher noch, dass ich inzwischen Mitte zwanzig war und eine Schwangerschaft weniger eine Katastrophe gewesen wäre als mit achtzehn. Ich denke, mit achtzehn hätte ich mir NFP nicht zugetraut (wie blöd!). Ich stieß im Internet auf myNFP und die automatische Auswertung – super, da musste ich mich nicht nur auf mich selbst verlassen, sondern hatte zumindest ein Programm, das mir half. Das war damals eine Erleichterung für mich.

Mitte Juli 2014 nahm ich den letzten Ring heraus und startete die Messungen. Gleich mein erster Zyklus war auswertbar, ich gab dennoch nicht frei. Wir nutzten durchgehend Kondome und ich hatte trotzdem wahnsinnige Angst schwanger zu sein. War ich natürlich nicht. Weder in diesem noch im nächsten Zyklus. Verwundert stellte ich fest, dass ich meinen Körper wie ein Buch lesen konnte. Relativ schnell hatte ich Vertrauen gefasst und wollte das Kondom zumindest an einigen Tagen, die sicher waren, weglassen: Die erste Freigabe stand an. Hier hatte mein Freund leider schwere Bedenken, er wollte einfach durchgehend das Kondom verwenden, was für mich jedoch keine Option war. Wir diskutierten, er informierte sich und wir ließen das Kondom weg. Und, oh wunder, trotzdem wurde ich nicht schwanger.

Die Kopfschmerzen waren verschwunden, die Brust tat zumindest in der ersten Zyklushälfte nicht mehr weh. Eine Blasenentzündung hatte ich seither nie wieder. Leider bekam ich schwere Akne durch die Hormonumstellung – die konnte ich leider nur mit einem Hautantibiotikum in den Griff kriegen, aber jetzt ist meine Haut sogar eher besser als mit der Pille.

Nach zwei Jahren ohne Pille geht es mir gut. Am Ende des Zyklus auch mal weniger gut, da tut die Brust weh, die Laune sinkt und Pickel sprießen auch. Aber das ist normal, viel normaler als die jahrelang ertragenen Nebenwirkungen der Pille! Ich bin weiterhin nicht ungewollt schwanger, meine Zyklen waren bisher immer auswertbar und inzwischen werte ich sogar komplett selbst auf Papier aus. Ich vermisse die Pille wirklich nicht. Es wäre schön, ab und zu die Periode verschieben zu können, denn irgendwie kommt sie ohne Pille immer zielsicher im Urlaub. Manchmal nervt mich auch das Messen am Morgen. Aber mal ehrlich: Was macht das schon, verglichen mit dem, was mir die Pille jahrelang angetan hat? Ich kann mir gut vorstellen, dass mich NFP von nun an durch meine verbliebenen fruchtbaren Jahre begleitet. Ich wüsste nicht, aus welchem Grund ich diese unfassbar einfache, sichere Methode wieder aufgeben sollte.