Wie bei den Affen
Alles begann mit 21 Jahren, als ich mich verlobte und kurz vor meiner Hochzeit stand. Ich war mitten im Studium und ein Baby konnten wir uns damals nicht vorstellen. Der sicherste und wohl unkomplizierteste Weg war ja die Pille, so dachten wir. Termin bei der Frauenärztin, Untersuchung wie immer schmerzvoll, Besprechung noch schlimmer. Sie verschrieb mir die Pille ohne Weiteres und besprach mit mir weder Einnahme noch mögliche Nebenwirkungen. Ich war jung und wusste auch nicht über alternative Verhütungsmethoden Bescheid, sodass ich mir die Pillenpackung eben holte und den ersten Blister verwendete. Die reinste Katastrophe.
Ich verfiel in Depressionen, habe meinen Verlobten aufgrund meines aggressiven Benehmens beinahe verloren, ritzte mir an schlimmen Tagen sogar die Arme mit einer Rasierklinge auf und wusste einfach nicht, was mit mir los war. Ich zweifelte an mir selbst, an meinem Verlobten, an meinem ganzen Leben. Zu den Stimmungsschwankungen und Depressionen bekam ich unglaubliche Kopfschmerzen. Jeden Tag ab vierzehn Uhr war mein Tag gelaufen. In Uni-Seminaren oder Vorlesungen saß ich gekrümmt da und habe eine Schmerztablette nach der anderen eingenommen. Nichts half gegen die Schmerzen. Erst der Schlaf brachte Linderung.
Es kam so weit, dass ich mich unter den täglichen Kopfschmerzen übergeben musste und kaum noch aus dem Bett konnte. Die Uni-Zeit und die Vorfreude auf meine eigene Hochzeit hatte ich mir anders vorgestellt. An dem Punkt hatte ich noch nicht begriffen, was der Auslöser für meine miese Laune, mein heulendes Gemüt und meine Aggression waren. Und was konnte ich denn gegen die Kopfschmerzen schon tun? Schmerzmittel halfen ja nicht. Ich setzte probeweise das einzige Medikament ab, das ich zu der Zeit einnahm: die Pille. Bis zu diesem Tag waren schon zwei Jahre mit unterschiedlichen Pillenmarken vergangen. Ein Arzt sagte als Antwort auf meine Beschwerden mal zu mir: »Ich gebe Ihnen eine mildere Pille, is' ja klar, das ist wie bei den Affen: zu viele Hormone, wie sie Affen nach einer Geburt haben. Die machen die Mütter aggressiv, damit sie ihre Babies beschützen. Ist bei der Pille genauso, wenn sie zu stark ist.« Aha.
Als ich die Pille abgesetzt habe, und das ist nun über drei Jahre her, haben die Kopfschmerzen schlagartig aufgehört, alle Nebenwirkungen waren wie weggeblasen. Ich kann an einer Hand abzählen, wie oft ich seitdem an solchen Kopfschmerzen gelitten habe. Ich hatte von einem Tag auf den anderen mein altes Leben wieder und konnte es wirklich genießen – ohne Schmerzen. Doch ich musste immer noch über eine geeignete Verhütungsmethode nachdenken. Meine Freundinnen waren schockiert, sahen mich schief an und dachten, ich hätte mit dieser Entscheidung mein Studium an die Wand gesetzt, ein Baby wäre ja ohne Pille vorprogrammiert.
Ich informierte mich sehr gründlich, denn ich wollte und will nie mehr hormonell verhüten, egal, ob mit Pille oder Ähnlichem. Ich habe seitdem sehr erfolgreich die symptothermale Methode verwendet und dabei nicht nur ohne Hormone unfallfrei verhütet, sondern auch noch sehr viel über den weiblichen Zyklus und meinen eigenen Körper erfahren. Und dieses Wissen mit Begeisterung an andere weitergegeben! Mein Ehemann war über meinen Fleiß, täglich zu messen und zu beobachten, begeistert, hatte jedoch am Anfang auch seine Bedenken, ob das denn so klappt. Er freundete sich vorsichtshalber schon mit dem Gedanken an ein Baby an.
Bis heute verstehen einige in meinem Umfeld nicht, wie eine sichere Verhütung ohne die Pille funktionieren soll. Sogar meine Frauenärztin hatte mir ans Herz gelegt, doch noch eine Pille zu versuchen. Sie sagte, die hormonfreie Verhütung sei wirklich nichts Sicheres, das ginge nicht gut.
Nach einem Jahr wurde ich geplant und im ersten Übungszyklus schwanger und genieße es, mein Baby zu stillen, ohne dabei Hormone, in welcher Art auch immer, nehmen zu müssen. Nach dem, was ich durch die Pille erlebt habe, möchte ich nichts von irgendwelchen Hormonen oder Wirkstoffen an mein Baby weitergeben, egal wie sicher sich da manche Ärzte oder Wissenschaftler sind. Ich weiß, die Pille hat mein Leben fast zerstört.
Ich verhüte hormonfrei und bin stolz darauf, bewusst auf die Pille verzichtet zu haben und somit nicht nur Geld gespart zu haben: Wer weiß, was ich meinem Körper damit alles erspart habe?